In diesem Beitrag schauen wir uns an, welche Auswirkungen der Leitmedienwechsel für die Lernenden hat. Wie gestaltet sich für sie das Lernen und die Lernorganisation mit digitalen Medien?
Digitale Vorteile
Zunächst haben digitale Lernmedien gegenüber dem Print mehrere Vorteile:
1) Lernmedien werden multimedial
Während im Print ausschliesslich mit Text und Bildern gearbeitet werden kann, ermöglichen digitale Lernmedien zusätzliche Inhalte wie Video, Audio, Quizzes, 3D-Animationen oder gar VR/AR-Anwendungen.
2) Lernmedien werden interaktiv
Neben dem Abspielen von multimedialen Inhalten – was streng genommen noch keine Interaktivität ist – ermöglichen digitale Lernmedien echte interaktive Anwendungen: Der Lernende gestaltet und verändert den Lernpfad mit seinen Aktionen (analog Spielverlauf beim Computer spielen). Echte interaktive Lernmedien ermöglichen somit, das «Drehbuch des Lernens» selbst zu bestimmen.
3) Lernmedien werden crossmedial
Je nach Lernsituation und Lernphase muss der Lerninhalt anders daher kommen: Beim Warten an der Bushaltestelle benötigt der Lernende den Content auf dem Smartphone, im Präsenzunterricht in einem gemeinsamen Miroboard oder auf dem Smartboard im Unterrichtsraum. Bei der Prüfungsvorbereitung möchte er den Lerninhalt auf seinem Tablet verdichten, mit eigenen Notizen versehen und Lernkarten daraus herstellen.
Mehr Selbstorganisation
Für Lernende bringt der Leitmedienwechsel vom gedruckten Buch zu digitalen Lernmedien einige knackige Herausforderungen. Während ein Buch den Lernpfad meist in Form von Kapiteln und einer inhaltlichen Reihenfolge vorgibt, sind digitale Lernmedien modularer aufgebaut und in kürzeren Sequenzen getaktet.
Lernpfade zum Buch «Lernhacks» von Thomas Tillmann uns Jan Schönfeld (© 2021 Verlag Franz Vahlen GmbH)
So oder ähnlich sehen Lernsequenzen oder Lernpfade heute aus. Das ist wesentlich komplexer als einfach ein Buch von Seite x bis y zu lesen. Die Lerninhalte liegen an verschiedenen Orten, werden an verschiedenen Orten in verschiedenen Formen konsumiert und vom Lernenden an verschiedenen Orten verdichtet. Da geht die Übersicht schnell verloren.
Der Vorteil von Lernpfaden liegt darin, dass sie mit ganz unterschiedlichen Zielen erstellt werden können. Sie führen an ein Thema heran, vertiefen es, kreuzen sich mit anderen Pfaden. Sie können aber auch auf ganz konkrete (Prüfungs-)ziele hinführen oder einen minimalen Weg von A nach B abbilden.
Lernkompetenzen
Lernende müssen sich neue Kompetenzen für das selbstorganisierte Lernen aneignen. Sie müssen nicht nur die Übersicht behalten, sondern auch den Zugang zu allen benötigten Materialien sicherstellen. Dazu gehört, dass sie mit verschiedenen Passwörtern und Zugängen klarkommen – wie im späteren Arbeitsleben. Sich Lernmedien selbst zusammenzusuchen ist ebenso Teil des Lernprozesses wie das gleichzeitige Beurteilen, ob ein Lerninhalt wichtig ist oder nicht. Dabei helfen Lehrende in der Rolle eines Coaches.
Fazit: Der Leitmedienwechsel vom gedruckten, einfach zu benutzenden Buch hin zu vielfältigen und verstreuten digitalen Inhalten erfordert mehr Selbstorganisation beim Lernen. Gegenüber dem gedruckten Buch gibt es bei digitalen Lernmedien viel mehr Ausgabeformen und -kanäle. Schön für die Lernenden. Eine Herausforderung für die Publisher, wie wir in einem späteren Beitrag noch erklären werden.
Verschiedene Perspektiven
In den kommenden Blogbeiträgen werden wir die Herausforderungen dieses Leitmedienwechsels – oder sagen wir doch dieser Leitmedienvielfalt – aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.
- Perspektive Lernende
- Perspektive Lehrende
- Perspektive Publisher
- Perspektive Händler
- Perspektive Technik
Zum Einsteigen: Basiswissen Leitmedienwechsel