Leitmedienwechsel –
Perspektive Technik

Wir befinden uns mitten in einem Leitmedienwechsel. Der Weg führt vom gedruckten Buch hin zu digitalen Lernumgebungen. Das bringt einige technische Herausforderungen mit sich.
Veröffentlicht am 1. April 2022

In diesem Beitrag schauen wir uns an, welche technischen Auswirkungen der Leitmedienwechsel hat. Content-Producer müssen unzählige Formate und Programmiersprachen beherrschen, um digitale Lerninhalte aufzubereiten.

Neue Produktionswege

Die erste Konsequenz aus dem Leitmedienwechsel ist offensichtlich: Digitale Lernmedien werden anders produziert als gedruckte. Es gilt, neue Formate kennenzulernen, neue Tools einzubinden, neue Prozesse zu definieren und neue Standards zu beachten. Hier einige wenige Beispiele:

E-Books basieren auf HTML und CSS, zwei umfassende Standards zur Darstellung von digitalen Inhalten. Um E-Books zu erstellen, braucht es Webeditoren oder aber umfassende Workflows, um bestehenden Content zu konvertieren.

Multimedia-Inhalte basieren auf völlig neuen technischen Formaten. Man muss die verschiedenen Video- und Audio-Formate kennen, muss sich Aufnahmetechniken und ins Editing einarbeiten und dazu auch noch Streaming-Technologien verstehen.

Apps: Sobald Content in optimaler Qualität auf Smartphones oder sonstigen mobilen Geräten abgespielt werden soll, kommt man nicht darum herum, in die Welt der App-Programmierung einzutauchen. Da taucht man tief ins Backend- und Frontend-Development ein und muss Programmiersprachen beherrschen.

Content First

Wie wir schon aus Sicht der Content-Producer festgestellt haben, wird der Content nicht nur mit neuen Technologien produziert, auch die Inhalte selbst funktionieren anders als im gedruckten Buch. Es sind die Technologien, die sich auf die Inhalte auswirken. Content wird

  • multimedialer
  • interaktiver
  • crossmedialer
  • individualisierter
  • sichtbarer

Um diesen Anforderungen zu begegnen, eignet sich das Content-First-Konzept, das man bei neuen Produktreihen einführen kann.

Beim Erstellen von digitalem Content braucht es zudem neue Technologien, die bei der Versionsverwaltung, der nachhaltigen Speicherung, der Aktualisierung und beim Qualitätsmanagement unterstützen.

Das bringt auch einige grosse Vorteile in die Redaktionen. Inhalte sind einfacher durchsuchbar, können kollaborativ bearbeitet werden und lassen sich einfacher in verschiedene Formate konvertieren.

Intuitive Navigation

Ein indirektes, aber sehr wichtiges Thema beim Leitmedienwechsel ist die Tatsache, dass digitale Lerninhalte ganz anders funktionieren als das gedruckte Buch. Während man beim Buch einfach blättern kann, funktioniert die Navigation je nach digitalem Gerät oder Plattform völlig anders.

Da geht schnell die Übersicht verloren und es braucht ein intuitives Navigationskonzept. In der Praxis haben sich möglichst einfache Lernpfade bewährt, die man mit unterschiedlichen Tools bauen kann, z. B. mit

  • einfachem HTML
  • einem einfachen Werkzeug wie lernpfad.ch
  • Learning Management Systemen wie OpenOlatMoodle etc.
  • Schulsoftware
  • Office 365, Microsoft Teams

Kapitel. Querverweise. Fussnoten.

Aber auch andere Navigationskonzepte, die wir aus gedruckten Büchern kennen, müssen überarbeitet werden. Es ist fast selbstverständlich, dass ein Buch in einzelne Kapitel gegliedert ist, die über ein Inhaltsverzeichnis (aka der gedruckte Lernpfad) erreicht werden können. Ab und zu wird auch direkt von einer Textstelle auf ein anderes Kapitel verwiesen, also ein Querverweis gesetzt («vgl. Kapitel 5, Seite 43»). Oder es finden sich Fussnoten am Ende einer Seite.

Diese Konzepte sind bewährt und vertraut. Und fehlen bei digitalen Lernmedien völlig.

Digitale Lernmedien sind modularer. In den meisten Fällen fehlt eine Paginierung. Daher müssen Kapitelmarken und Verknüpfungen ganz anders geplant werden. In HTML hat man die Möglichkeit, Verlinkungen über Ankerpunkte zu erstellen. Diese müssen aber explizit gesetzt und so gebaut werden, dass sie auf dem Zielgerät auch funktionieren.

E-Books sind die einzigen digitalen Medien, die eine Art Paginierung und Kapitelstrukturen unterstützen. Sobald aber E-Books nicht auf PDF-Formaten, sondern auf responsivem Inhalt aufbauen, sind wir wieder in der HTML-Welt und müssen Verlinkungen gut planen.

Accessibility

Eigentlich sind Barrierefreiheit und Accessibility keine neuen Themen. Sie bekommen aber in der digitalen Welt eine neue Bedeutung. Es ist gerade bei Lernmedien eigentlich unerlässlich, die Inhalte möglichst allen Menschen zugänglich zu machen (die dafür eine Lizenz haben). Darum sollten wir die Chance nutzen und möglichst viele unserer Lerninhalte barrierefrei halten.

Das ist einerseits eine technische Aufgabe, indem man saubere Coding-Sprachen verwendet und sich möglichst an bestehende Accessibility-Standards hält. Gleichzeitig ist es eine inhaltliche Aufgabe, denn zur Barrierefreiheit gehören auch eine einfache Sprache, alternative Bildbeschreibungen und gut strukturierter Content.

Skalieren und Automatisieren

Der Leitmedienwechsel bringt also manche technologische Herausforderung mit sich. Hat man die ersten Hürden aber einmal gemeistert, dann bringt die Digitalisierung auch zwei riesige Vorteile: gute technische Workflows und Produktwege können leicht automatisiert, multipliziert und somit fast beliebig skaliert werden. Das ist in einem schnelllebigen Markt ein entscheidender Vorteil und führt zu einer schnelleren time to market bei neuen Produkten.

Andreas Zapfl, Solution Architect

Wir kennen uns aus mit Content-First-Konzepten und der Erstellung und Auslieferung von digitalen Lernmedien.

Andreas Zapfl, Edupartner

Verschiedene Perspektiven

In fünf Blogbeiträgen haben wir die Herausforderungen dieses Leitmedien-wechsels – oder sagen wir doch dieser Leitmedienvielfalt – aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.

Zum Einsteigen: Basiswissen Leitmedienwechsel